MISSION weltweit – Ausgaben 2017

23 MISSION weltweit 7–8/2017 Ratlos beim Thema Korruption Schnell wird deutlich, dass viele Respekt davor haben, Fragen der Integrität zu besprechen. „Ich befürchte, dass meine eigenen Unzulänglich- keiten auf diesem Gebiet aufgedeckt werden“, meint ein Student. Diese Aussage begegnet mir immer wieder, auch in anderen asiatischen oder afrikanischen Ländern. Weltweit ist Korruption eine tagtägliche Her- ausforderung und ein steter Gewissenskonflikt. Korruption beginnt in der Regel bei den Mäch- tigen und breitet sich dann über die mittle- ren Schichten aus, um schließlich den ganzen Körper der Gesellschaft zu befallen. Wenn die- ses „Krebsgeschwür“ einmal eine Gesellschaft durchdrungen hat, gibt es kein Entrinnen – es wandelt sich zu einem Monster, welches die Rechtsstaatlichkeit auffrisst und die Armen am stärksten trifft, weil sie nichts entgegensetzen können. Ich höre von einem Angestellten, der bei Ein- käufen für die Firma im Laden gefragt wird, welcher Betrag auf die Rechnung gesetzt wer- den soll. Eltern, die ihre Kinder auf eine gute Schule schicken wollen, wird empfohlen, eine „freiwillige Spende“ zu bezahlen, obwohl der Schulbesuch offiziell kostenlos ist. Auf dem Amt bekommt jemand erst dann seine Papiere ausgehändigt, nachdem er sich mit „Teegeld“ beim zuständigen Beamten erkenntlich gezeigt hat. Nicht mitzuspielen ist im Zweifelsfall kost- spielig, mit Opfern verbunden und garantiert mühsam und zeitaufwändig. Leider macht Korruption auch nicht vor der Kirche halt. Ein Gasthörer meiner Studenten- gruppe erzählt mir von einer Initiative, die er ins Leben gerufen hat, um Leiter der großen Kirchenverbände im Land für dieses Thema zu sensibilisieren. Es geht ihm darum, einen ge- schützten Rahmen zu schaffen, in dem sie sich zu diesem Problem öffnen können. Da herrsche viel Not und Einsamkeit an der Spitze. Der Ruf der Christen im Land leidet, weil auch ihre Leiter in korrupte Praktiken verstrickt sind. Es schadet dem Ruf des Evangeliums. Korruption kontaminiert Vollmacht. Korruption ist neben den soziologischen Er- scheinungsformen auch ein zutiefst geistliches Thema. Das lateinische Wort „corruptio“ wurde in der alten Kirche und in den Bekenntnisschrif- ten der Reformation als Begriff für die Erbsünde verwendet. Sie ist ein schweres Vergehen gegen die Gemeinschaft und wurzelt in der Gier, zer- bricht das Herz des Menschen (lat.: cor-rumpe- re) und macht den Menschen skrupellos. Nicht umsonst warnt Jesus eindringlich vor der Ge- fahr des Mammon. Wie müssen wir in der Missionsarbeit damit umgehen? Ignorieren ist sicher der falsche Weg – nur mit dem Finger auf das Problem zeigen aber auch. Wie können wir ganz praktisch auf unserem Weg mit den Partnern vor Ort dazu beitragen, dass auf diesem Gebiet etwas heil werden kann? Vielleicht indem wir gemeinsam anfangen, sensibel über dieses totgeschwiegene Thema zu reden? Der Autor schult und berät Organisationen in Europa, Asien und Afrika, die in der internatio- nalen Zusammenarbeit tätig sind. Dies schließt auch sensible Regionen mit ein. Sein Name ist der Redaktion bekannt. Ich stehe vor christlichen Führungskräften in Indien und fordere sie heraus, darüber nachzudenken, mit welchen Befürchtungen sie in die Vorlesungswoche zum Thema Finanzmanagement gehen. Eine Hand wäscht die andere FOTO: ISTOCKPHOTO/SSUNI RATLOS Die Organisation „Transpa- rency International“ defi- niert Korruption als Miss- brauch anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil, und dies zu Lasten der Gemeinschaft. Sie tritt im Missbrauch anvertrauter Güter, in der Veruntreuung von Geld- oder Sachmitteln, Ämterpatronage oder der Beeinflussung von Entschei- dungen durch Bestechung in Erscheinung. Faith Mussa, ein bekannter Sänger aus Malawi, ist Christ und hat das Thema Korrup- tion in einem seiner Lieder aufgegriffen. Wer reinhören möchte: https://www.youtube.com/ watch?v=w-Mq5GTW-Dg

RkJQdWJsaXNoZXIy NjU1MjUy