MISSION weltweit – Ausgaben 2015

DARuM GEHT’S pApuA-NEuGuINEA 20 Der von Ausländern vor der Unabhängigkeit ausgebildeten einheimischen Elite wurden die- se Probleme sehr bewusst. Der fortschreitende Qualitätsverlust in Bildung und im Gesund- heitswesen war offensichtlich. Neuguineische Politiker merkten, dass Freiheit und politische Unabhängigkeit nur im Geflecht multilatera- ler, internationaler Beziehungen zu haben sind. Ohne nennenswerte Industrie ist das Land auf Einnahmen und Anleihen angewiesen. Diese können nur durch den Abbau und Verkauf von Bodenschätzen durch ausländische Firmen gene- riert beziehungsweise zurückbezahlt werden. Während im Hinterland die Entwicklung seit 1975 stagniert oder zurückgeht, hat die Be- völkerung und die Entwicklung in den Städten zugenommen. Die ohne Bildung aus dem Hin- terland Zugezogenen leben heute in den Ar- menvierteln um die Stadtkerne. Daneben gibt es mittlerweile eine wohlhabende Schicht, die sich das teure Leben hier leisten kann. Mieten, Le- bensmittel und anderes sind inzwischen teurer als in Europa. In der einstmals auf Gleichheit ausgerichteten Stammesgesellschaft klafft heute die soziale Schere weit auseinander. Diese Ent- wicklungen der sichtbaren Welt sind relativ ein- fach zu beschreiben. Die Faktoren jedoch, die in der modernen neuguineischen Bevölkerung nach wie vor mit der unsichtbaren Welt zu tun haben, sind viel komplexer. Neuguinea und die Vorstellungen über die unsichtbare Welt Obwohl sich PNG selbst in der Verfassung als christliches Land bezeichnet, ist der Glaube an die Beseeltheit von Dingen und Wesen (Animis- mus) allgegenwärtig. Es geht dabei nicht nur um eine Religion, die jemand annimmt oder nicht, sondern um eine Weltanschauung, um eine Wirklichkeitsvorstellung, die sich gravie- rend von der westlichen unterscheidet. Wenn in der westlichen Welt jemand einen Herzinfarkt bekommt, würde man fragen: „Wie konnte es dazu kommen?” Zu viel Stress? Fal- Bernd und irmgard Mortsiefer haben zwei erwach- sene Söhne und arbeiten seit 1983 mit wenigen unterbre- chungen in papua-Neuguinea (pNG), vorwiegend in der Ausbildung einheimischer Mitarbeiter. Der bau- und Möbelschreiner studierte am Seminar der Liebenzeller Mission und in den uSA. Irmgard ist Einzelhandelskauf- frau und Krankenschwester. Als meine frau und ich vor 32 Jahren unsere Arbeit in pNG begannen, war das Land erst acht Jahre selbstständig. bis zur unabhängigkeit am 16. September 1975 hatten erst Deutsche, dann Australier die fäden in der Hand. bedingt durch die enorme Sprachenvielfalt mit über 800 Stammessprachen, unterschiedliche Kulturen, geringe bildungsmöglichkeiten, eine extrem schwache Infrastruktur sowie fehlende Industrie war der Sprung zur Selbstständigkeit nicht einfach. fotos: bernd mortsiefer Moderner Staat und unsichtbare Welt Machtmittelkundiger Ein Geist bei der Arbeit

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