MISSION weltweit – Ausgaben 2015

15 MISSIoN weltweit 3–4/2015 SpANIEN DARuM GEHT’S traute sich, offen zu reden. Als Leiter und zu- dem als Ausländer fiel es uns schwer, die Ereig- nisse zu durchschauen. Zunehmend führten die Fäden zurück zu Olivia. Ein Zeuge nach dem anderen berichtete, wie dunkle Gerüchte ihren Mutmaßungen entsprangen. Wir versuchten eine Aussprache, doch sie leugnete Aussagen, die andere mehrfach gehört hatten. Wenn wir selbst verletzende Worte mitgehört hatten, ba- gatellisierte sie ihr Verhalten. Das Spiel zog sich über ein Jahr hin. Kaum meinten wir, die Dinge in Ordnung gebracht zu haben, brach erneut eine Krise in der Gemeinde aus. Während bei manchen beteiligten Frauen die Einsicht wuchs, dass sie unachtsam mitge- redet hatten und andere um Vergebung bitten mussten, geschah das bei Olivia nicht. Ständig waren andere schuld, immer war sie das Opfer, nie war sie Teil des Problems! Uns dämmerte die traurige Erkenntnis, dass Olivia mit ihrem Verhalten die junge Gemeinde noch zerstören würde; dass es hier ohne eine ehrliche und bereinigende Erkenntnis des Fehl- verhaltens unmöglich war, die Gemeinschaft untereinander zu erhalten. Wege gehen auseinander Mit schweremHerzen gingen Andreas und ich zu Olivia und erklärten ihr, dass sie unter diesen Umständen nicht mehr in die Gemeinde kom- men dürfte. Wir baten sie, ihren Teil des Prob- lems anzuerkennen und die Menschen, die sie verletzt hatte, um Vergebung zu bitten – so, wie das auch andere getan hatten. Etwas schien sich in Olivia zu erweichen. Sie wollte über das nach- denken, was wir gesagt hatten. Aber als ich sie zwei Tage später besuchte, war ihr Gesicht hart geworden. Sie gab an, von sich aus die Gemein- de nicht mehr besuchen zu wollen. Ich erinner- te sie, dass sie mich trotzdem jederzeit anrufen könne und dass wir sie besuchen würden. In den folgenden Monaten kamen immer wieder neue Tatsachen ans Licht. Ein Jugendlicher aus der Gemeinde – seit kurzem Christ – berichtete, wie Olivia ihm durch Kartenlegen seine Zukunft David und Christine Kramer arbeiten seit 2009 im Gemein- deaufbau in Spanien und leben mit ihren beiden Töchtern in benicarló. Zuvor waren sie zwei Jahre an der Amano-Schule in Sambia tätig (betreuung der Kurzzeitmitarbeiter sowie unterricht). David stammt aus Kanada und hat dort Europa- kunde studiert, bevor er die Ausbildung am Theologischen Seminar der Liebenzeller Mission absolvierte. christine ist Sonderschulpädagogin. vorausgesagt hatte. Ein anderer Mann erwähnte ein ähnliches Angebot Olivias. Nachdem sie nicht mehr kam, kehrte eine un- gewohnte Ruhe ins Gemeindeleben ein. Die Be- ziehungen entspannten sich, Vertrauen und Of- fenheit wuchsen. Die Luft hatte sich gereinigt. Wie Feinde angreifen Inwiefern haben sich bei Olivia geistliche Ein- flüsse mit menschlichen Lastern verbündet? Ich vermag es nicht säuberlich zu trennen. Jakob Koch, der ehemalige Direktor der Liebenzeller Mission Kanada, erzählte uns bei einem Besuch folgende Geschichte: Im Zweiten Weltkrieg ver- suchten feindliche U-Boote unter der Deckung eines nach Hause kommenden Schiffs heimlich in den Hafen zu gelangen, um von dort aus ihr zerstörerisches Werk auszurichten. Durch das laute Geräusch des Schiffsmotors wurden sie für das Sonar (Verfahren zur Ortung) der Ha- fenverteidigung „unsichtbar”. – So verhalte es sich manchmal mit negativen geistlichen Ein- flüssen: Sie verstecken sich unter menschlichen Schwächen und Sünden und verschärfen sie, um von hier aus unbemerkt die Gemeinde Jesu an- zugreifen. Jesus lässt nie los Drei Jahre später bekam Andreas unerwartet ei- nen Anruf. Olivia war genauso überrascht, denn sie hatte sich verwählt! Trotzdem kamen sie ins Gespräch, fragten nach dem Ergehen und führ- ten ein höfliches, fast herzliches Gespräch. Kurz darauf konnte Andreas sie besuchen. Es kam zu einem guten Gespräch, in dem er ihr noch ein- mal sagen konnte, was Jesus für sie getan und dass er sie nie losgelassen hat. Einige Tage spä- ter stand der Krankenwagen vor Olivias Tür. Sie war plötzlich verstorben und von einer Sozial- arbeiterin gefunden worden. Trotz allem war die Verbindung zur Gemeinde niemals ganz abgerissen: Über die Jahre hatte Olivia immer gehört, wenn wir Gottesdienst fei- erten – sie wohnte Wand an Wand zu den neuen Gemeinderäumen. David Kramer ● Olivias Taufe Mithelfen: sPendencode 1780-32 spanien

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