MISSION weltweit – Ausgaben 2015
DARuM GEHT’S EcuADoR 8 Da wir noch zu den Neulingen im Land gehören, musste ich bei der Vorbereitung dieses Artikels auf das Wissen ecuadorianischer Mitarbeiter zu- rückgreifen. Diego, Mayra und Myrian nahmen sich Zeit. Wie fast alle Ecuadorianer kennen sie das Thema nicht nur aus Erzählungen ande- rer, sondern aus eigener Erfahrung. Was versteht man unter Mal Aire? Myrian hatte wie andere Kinder große Angst davor. Ihre Eltern hatten ihnen ver- boten, sich an gewissen Plätzen aufzu- halten oder zu spielen. Dort sei diese „böse Luft” besonders gegenwärtig. In Santa Rosa, einem kleinen, ländlichen Dorf außerhalb von Ibarra, wo Myrian ihre Kindheit verbrachte, waren es Plätze wie die leeren Ziegel- und Backsteinöfen. Man durfte auch auf keinen Fall hinunter zum Fluss gehen. Alte, verlassene Häuser waren völlig tabu. Neben besonders gefährli- chen Örtlichkeiten war auch die Tageszeit entscheidend. So durften Kinder nach Ein- bruch der Dunkelheit überhaupt nicht mehr aus dem Haus, vor allem kleinere, die besonders gefährdet seien. Denn wenn man mit Mal Aire in Berührung kam, war eine Erkrankung unver- meidlich: Kopfschmerzen, Bauch- weh bis hin zu Erbrechen oder sonstige Schmerzen in verschiede- nen Körperteilen konnten die Fol- ge sein. Mal Aire wird als eine Art Geist verstanden, der unsichtbar, lebendig und mächtig ist, gewisse Gegenstände und Plätze bewohnt und den Menschen Schaden zufügt. Folglich haben Menschen eine reale, allgegenwärtige Angst davor. Was tut man dagegen? Die Eltern, Großeltern oder sonstige Verwand- te hatten Myrian und Mayra in ihrer Kindheit immer wieder von Mal Aire „geheilt”. Hierbei wurde normalerweise mit einem Ei über den Körper gestrichen und besonders natürlich über das erkrankte Körperteil. Dadurch verschwan- den die Schmerzen tatsächlich. Anschließend wurde das Ei so weit wie möglich weggeschleu- dert. Die Beschwerden von Mal Aire ließen sich auch mit Wasserdampf und speziellen Kräutern, mit Meerschweinchen, Messern oder dem Ver- sprühen von Zuckerrohrschnaps beseitigen. Was steckt dahinter? Meine Interviewpartner sind heute Christen und sehen das alles anders als damals. Mayra erklärt: „Ich glaube nach wie vor an die Exis- tenz dieser Dinge. Nennen wir es Mal Aire oder anders – es gibt böse Mächte, die uns aber nur In Ecuador redet man sehr häufig davon. personen jeden Alters, aus allen gesellschaftlichen Schichten, mit unterschiedlichem bildungsniveau und religiösem Interesse. Die Rede ist von „Mal Aire”, böser Luft. Wie kann Luft böse sein, bedrohlich und gefährlich für Menschen? und warum hat man solche Angst davor? mal aire: die sache mit der bösen Luft mal air mit der Mithelfen: sPendencode 1640-32 ecuador Schamane beim Sonnenfest
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