MISSION weltweit – Ausgaben 2015

7 JApAN DARuM GEHT’S MISSIoN weltweit 3–4/2015 rung aufzuschlagen. „Diesem gefährlichen Gott will ich mich nicht nahen”, sagte er. Dagegen hatte es den Anschein, als wäre es für ihn eher vergnüglich, mit den finsteren Mächten zu spie- len, die ihn zerstörten. Scharlatane und obskure Anweisungen An seinem Hals baumelte ein kleines Kreuz. Er hatte es für umgerechnet 300 Euro in einem je- ner einschlägigen Viertel Tokios erstanden, wo sich allerhand dunkle Wesen herumtreiben. Als Student an einer Eliteuniversität war er sich dessen wohl bewusst, dass es purer Schwindel war, als man ihm dieses Kreuz mit dem Hin- weis darauf andrehte, es wäre aus dem gleichen Stein gemeißelt, auf dem die Zehn Gebote ge- schrieben waren. Dennoch schaffte er es nicht, sich davon zu trennen, selbst als ich ihm den Kaufpreis bar auf den Tisch legte. Es war wohl im Mai, als er mir plötzlich er- klärte, den eigentlichen Grund seiner Proble- me endlich zu kennen: Eine der Gestalten der unsichtbaren Welt, von denen er ständig seine Anweisungen erhielt, hätte ihm mitgeteilt, dass er übergewichtig sei! Auf diese Idee wäre niemand gekommen, der ihn getroffen hat. Aber daraufhin verweigerte er jegliche Nahrungsaufnahme. Er war bis auf die Knochen abgemagert, als sein Vater und ich ihn in meinen Wagen trugen. Wir brachten ihn in eine zwei Autostunden entfernte Spezialklinik. Schon beim ersten Treffen im folgenden Jahr schärfte mir der junge Student dringend ein, auf- zupassen. Ende August desselben Jahres würde ein schlimmes Ereignis eintreten. „Pünktlich” kam dann der trotzdem unerwartete Anruf sei- ner Mutter in der Nacht des 30. August: „Mein Sohn ist heute gegen zwei Uhr morgens plötz- lich verstorben. Bitte begleite mich gleich ins Krankenhaus.” Das Wort vom Kreuz: Hoffnungsbotschaft am Grab Ein Arzt sagte mir, dass der unter großen Mü- hen körperlich wieder etwas aufgepäppelte jun- ge Mann kurz vor Mitternacht in sein Sprech- zimmer gekommen war und gefragt hatte, was 1. Korinther 1,18 bedeuten würde: „Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verlo- ren werden; uns aber, die wir selig werden, ist’s eine Gotteskraft.” In der Klinikbibliothek hatte der junge Herr Y. ein uraltes Neues Testament her- ausgekramt. Der mit dieser Frage überforderte Arzt schickte ihn wieder ins Bett. Dort fand er den 26-Jährigen etwa zwei Stunden später „tot durch Herzversagen”. Nach einem Gebet mit den Eltern und dem Krankenhauspersonal fuhr ich im Morgen- grauen nach Hause. Urplötzlich traten bei mir schwer zu beschreibende Schmerzen in der Nierengegend auf. Auch für den Arzt, den ich konsultierte, waren sie unerklärbar. Bei den Trauerfeiern lobten Professoren seiner Uni den überdurchschnittlich Begabten. Ärzte, die in Fachzeitschriften seinen „Fall” einer brei- ten Öffentlichkeit bekanntgegeben hatten, blie- ben sprachlos. Ich versuchte in meiner Anspra- che, den Eltern und Trauernden 1. Korinther 1,18 als Hoffnungsbotschaft zu erklären. Meine Schmerzen in der Nierengegend ver- schwanden in dem Augenblick, als ich das Kre- matorium verließ, in dem der Verstorbene den gesetzlichen Vorschriften Japans entsprechend eingeäschert wurde. Wiederum unerklärbar. Nach einem halben Jahr intensiven Betens und Ringens konnte die Mutter ihren verstorbenen Sohn in Gottes Hände legen und durch die Tau- fe öffentlich Jesus Christus als Sieger bekennen. Mehrere Jahre später ließ sich auch der Vater, emeritierter Professor einer landwirtschaftli- chen Universität, von Gottes Gnade finden. Bei- de sind heute treue Gemeindeglieder der „Evan- geliumsgemeinde Ushiku”, der ersten Station unseres Missionseinsatzes hier in Japan. Traugott Ockert ● Traugott und Dorothea Ockert sind seit 1980 Missionare in Japan. Sie waren in der Ge- meindegründung und Team- leitung tätig und leben seit Sommer 2006 in okutama. Dort leiten sie das freizeitheim „fukuien no Ie” (Haus des Evangeliums). Traugott ockert war vor seiner Ausbildung am Theologischen Seminar der Liebenzeller Mission Industriekaufmann, Dorothea ist Erzieherin. Ihre beiden erwachsenen Söhne leben in Deutschland. „denn das Wort vom kreuz ist eine torheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden, ist’s eine gotteskraft.” 1. korinther 1,18 foto: traugott ockert Ema, schintoistische Gebetstäfelchen Ahnenaltar und schinto- istischer Hausschrein in einem alten japanischen Bauernhaus Mithelfen: sPendencode 1340-32 Japan

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