MISSION weltweit – Ausgaben 2015

26 in EiGEnER sACHE Liebe Missionsfreunde! „Nichts vergoldet die Vergangenheit mehr als ein schlechtes Gedächtnis!“ Dieses Zitat von John Steinbeck beschreibt einen Rückblick in die Ver- gangenheit, indem vergangene Zeiten oder ein- zelne Menschen ausschließlich in den schöns- ten Farben gezeichnet werden: „Wie gut war es doch damals!“ „Wie vorbildlich war diese oder jene Person!“ In vielen Erzählungen sind die schwierigen Tage, das klägliche Versagen, die bodenlose Hoffnungslosigkeit, die Verirrungen und die nicht gerade rühmlichen Situationen ausgeblendet. Manche Biografie ähnelt deshalb mehr einer Hagiografie (Beschreibung eines Heiligen) als einer realistischen Schilderung der Person. Sie geht damit aber an der Wirklichkeit vorbei. Geschichte und Lebensgeschichten sind nur dann hilfreich, wenn in ihnen die Wirklich- keit mit Positivem und Negativem zur Sprache kommt. Gerade die Fehler und das Versagen in der Vergangenheit helfen uns in unserer Situ- ation. So hat es uns Gott in seinem Wort vor- gemacht. In der Bibel findet sich keine Schön- schreibung des Lebens der Männer und Frauen, die Gott gebrauchte. Jakobs Hinterhältigkeit, Davids Ehebruch, Moses Ungeduld, Petrus' Feig- heit, um nur einige zu nennen, werden nicht unter den Teppich gekehrt. Gott bringt sie zur Sprache und zeigt gleichzeitig, wie er trotz des menschlichen Versagens mit Menschen und sei- nem Werk zum guten Ziel kommt. Die Geschichte der Liebenzeller Mission ist beeindruckend. Was ist nicht aus den kleinen Anfängen von 1899 bis heute entstanden? Der Begründer Pfr. Heinrich Coerper war ein beson- derer Mensch und Christ. Sein Vertrauen auf Christus, seine Hingabe und sein Glaube waren vorbildhaft. Darüber ist in der Vergangenheit oft gesprochen und geschrieben worden. Worüber man aber nur sehr wenig hörte, waren die Jahre zwischen 1933 und 1945. Das waren furchtbare und von schwerer Schuld gezeichne- te Jahre der deutschen Geschichte. Ein ganzes Volk wurde irregeführt durch den Glanz und die Gewalt des NS-Regimes. Wie sind Heinrich Coerper, sein Nachfolger Ernst Buddeberg und die Liebenzeller Mission als Ganzes damit um- gegangen? Wie standen sie zum Nationalsozia- lismus? Darüber wurde in den zurückliegenden 70 Jahren kaum gesprochen. Warum nicht? Warum es jene, die in dieser Zeit lebten, und auch jene, die nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches in der Verantwortung für das Werk standen, nicht taten, wissen wir nicht. Aber in der Leitung der Liebenzeller Mission ließ uns diese Frage nicht in Ruhe. Wir sahen es als unsere Aufgabe, Licht in diesen Teil unserer Werksgeschichte zu bringen und uns der Wirk- lichkeit zu stellen. Deshalb beauftragte das Ko- mitee der Liebenzeller Mission im Februar 2012 Dr. Helmuth Egelkraut damit, diesen Teil der Geschichte der Mission zu recherchieren. Unter dem gestellten Thema und Arbeitsauftrag „Die Geschichte der Liebenzeller Mission im Dritten Reich “ durchforstete Dr. Egelkraut verschiede- ne Archive und präsentierte nach mehr als zwei Jahren ein Buch, das die Ergebnisse aufführt. Was auf den über 500 Seiten zu lesen ist, hat nicht nur unser Bild vergangener Jahre und einzelner Personen verändert, sondern es hat uns sehr betroffen gemacht. Wie viele andere damals hat man bei der Liebenzeller Mission Adolf Hitler und das ganze NS-Regime nicht durchschaut. Das ist bitter, aber wahr. Mehr soll an dieser Stelle dazu nicht gesagt werden. Am Ende dieses Buches nimmt das Komitee der Lie- benzeller Mission Stellung zu den Vorgängen. Helmuth Egelkraut Die Liebenzeller Mission und der Nationalsozialismus Eine studie zu ausgewählten bereichen, personen und positionen 531 seiten, 39,90 € isbn 078-3-643-12980-2, LiT Verlag das buch ist im buchhandel erhältlich. die Liebenzeller Mission und der nationalsozialismus

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