14 Geleitwort chengemeinden (ca. 10%).17 Deutlich ist, dass es sich bei diesen Gemeinden um ortsbezogene, landeskirchlich angebundene »Parochien« handelt, die sich von freien »Congregations« US – amerikanischen Stils18 unterscheiden.19 Im Fall der vorliegenden Stuttgarter Studie lässt sich nun die unterschiedliche Dynamik beider Formen innerhalb Deutschlands vergleichen. Die Stuttgarter Gottesdienst- und Gemeindestudie Mit dem bisher Gesagten ist – zumindest zu einem Teil – der diskursive Kontext beschrieben, in den nun die spannenden Ergebnisse der hier vorliegenden Liebenzeller Studie intervenieren. Zum ersten Mal wird eine solche empirisch basierte komplette Übersicht über Gemeinden und Gottesdienste in einer Region vorgelegt – ergänzt durch eine enorm große Zahl an historischen und konfessionskundlichen Informationen. Dabei liegt der Fokus auf dem Bereich der nichtparochialen, in diesem Sinne freien »Congregations«. Besonders deutlich wird der bedeutende Anteil internationaler Akteure in der religiösen Szene – und die sehr unterschiedliche Art und Weise mit der Kirchengemeinden auf diese Herausforderung reagieren. In der klaren Affirmierung von Pluralität und Vielfalt gerade der protestantischen Welt im Raum Stuttgart wird die alte, nie so gemeinte aber faktisch denn doch diskriminierende Unterscheidung von Kirche und Sekte i.S. von Max Weber und Ernst Troeltsch ad acta gelegt.20 Ob der organisatorische Unterschied zwischen Volkskirchen aus staatskirchlicher Tradition und Freikirchen aber dennoch nach wie vor charakteristisch durchschlägt ist offen. Zu erwarten ist eine höhere Teilnahmefrequenz der freikirchlichen Mitglieder aufgrund eines verbindlicheren Bindungsverhaltens (z. B. Bekehrungserfahrungen als Eintrittsbedingung) und damit insgesamt ein intensiveres Gemeindeleben und stärkeres Engagementverhalten im Vergleich zu den offeneren volkskirchlichen Formen.21 Und das wird in der Studie ja auch belegt. An den Volkskirchen nimmt in der Regel teil, wer eine hohe religiöse 17 A. a. O., 167ff. 18 Klassisch dazu Nancy T. Ammerman: Pillars of Faith. American Congregations and their Partners, Berkeley/Los Angeles/London 2005. 19 Vgl. dazu den Berichtsband über eine internationale Tagung im Anschluss an das Kirchengemeindebarometer Thorsten Latzel/Gerhard Wegner (Hg.): Congregational Studies worldwide. The Future of the Parish and the Free Congregation. Leipzig 2017 mit Beiträgen u. a. von Eberhard Hauschildt, Nancy T. Ammerman, Mark Chaves, Ulla Schmidt, Jörg Stolz u. a. 20 Wobei gesehen werden muss, dass in deren Typologie die Sekten als die dynamischeren Akteure gelten. Vgl. klassisch Ernst Troeltsch: Die Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen, Band 1 und Band 2, Tübingen 1994, Nachdruck der Ausgabe Tübingen 1912. 21 Das unterstützt eindrücklich Julia Steinkühler mit Ergebnissen aus dem 2. Kirchengemeindebarometer des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD in SI Kompakt Nr. 3 – 2021, Hannover 2021: »Setzen sich evangelikale Gemeinden am Markt durch?«
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